Montag 9. Januar. In Japan ist – schon wieder mal – Feiertag (es gibt 16 gesetzliche Feiertage, hinzukommen weitere, z.B. Company Feiertage). Es ist der Tag der Volljährigkeit. Die jungen Zwanzigjährigen tragen wertvolle, sehr hübsche Kimonos, ziehen zum Rathaus und gehen Essen mit ihren Familien. Laurens geht zur Shule, denn die Deutsche Schule setzt bei vielen der japanischen Feiertage aus. Dirk und ich haben Karten für „das große Turnier“ – Sumo-Ringen.
Schon bei Ankunft in der Bahnstation dreht sich alles um Sumo: Andenkenläden, in denen Sumo-Ringer auf Tassen, T-Shirts, Handtüchern und Schlüsselanhängern posieren. überall hängen große Plakate mit bekannten Sumo-Ringern. Wir laufen einfach der Menschenmassen hinterher. Auf dem Weg kommen uns bereits die ersten entschäuschten Sumo’s wieder entgegen. Am Eingang zur Halle wird erklärt, dass jeder Besucher nur ein alkoholisches Getränk zu sich nehmen soll. Das Publikum ist bunt gemischt: Vom japanischen Punk bis zu den Damen im Kimono ist hier alles zu sehen. In der Halle, dicht um den Ring gibt es Flächen zu mieten, in denen man mit mehreren Personen (ähnlich wie auf Tatami) sitzen und Picknicken kann. Wir sitzen weiter oben in den Stuhlreihen. Neben mir sitzt eine zierliche, konzentriert wirkende Japanerin. Sie ist gut vorbereitet, hat einen großen Plan, der die Kämpfe einzeln aufzeigt vor sich liegen, darauf ein Opernfernglas. Ich begrüße sie, sie spricht kein Englisch, lächelt zurück.
Wir versuchen die Kämpfe anhand unseres englischen Plans zu verfolgen. Der einzelne Kampf dauert ja nur jeweils wenige Sekunden. Das Drumherum ist entscheidend. Sumo ist ja nicht nur Sport, sondern ein Teil der Kultur, eine Lebensphilosophie. Die Sumo-Ringer beginnen ihre Ausbildung im jugendlichen Alter. Die Erziehung ist streng, der Tagesablauf fest vorgeschrieben, ebenso wie die Ernährung. Handy’s dürfen die Kids nicht haben, lese ich in einem Bericht. – Die erwachsenen Kolosse, die wir da unten im Ring sehen, sind groß gewachsen und weisen Körpergewichte von 150 kg oder höher auf. Zu den Regeln lese ich: Der Sumo-Ringer darf schleudern, werfen, schlagen und schieben nach Belieben und den Gegner am Gürtel festhalten. Aktionen wie Würgen, Kratzen, Faustschläge oder Haareziehen sind verboten
Als wir mittags kommen, sind noch die Junioren am Werk. Später, nachdem wir unser Pausen-Sushi verspeist haben, kommen die Profis. Erkennbar wird dieses, dass sie bei Einzug Fahnen rumgetragen werden, die ihre Siege aufzeigen. Außerdem sind die Kissen, die von ihren Trägern reingebracht werden, bunter und schmuckvoller. Vor jedem Kampf werden die beiden Sumo-Kämpfer besungen. Dann posen sie erst einmal ordentlich. Da wird ein Bein gehoben, oder in die Knie gegangen (wenn das noch klappt…). Schließlich stehen sie sich gegenüber, jeweils ein Tritt nach vorn – und dann schmeißen sich die Körpermassen aneinander. Der Kampf ist sofort vorbei, wenn einer der beiden Kämpfer den Boden außerhalb des 4,55 m großen Kreises (Dohyo) betritt oder den Boden mit einem anderen Körperteil als dem Fuß berührt. Das passiert in der Regel sehr schnell.
Wie beim Fußball auch, gibt es mehr oder weniger Begeisterte im Publikum: Der Familienvater vor uns hat uns am Anfang gefragt, ob wir von seiner 7-köpfigen Familie ein Foto machen könnten. Als das erledigt war, machte er es sich in sienem Sitz bequem und hat souverän bis zum Ende geschlafen. Die konzentrierte Japanerin neben uns holte vor einem Kampf hektisch ein weißes Tuch mit einer japanischen Aufschrft aus ihrer Tasche und streckte es in die Luft. Nach ca 7 Sekunden war der Kampf zuende und sie strahlte über das ganze Gesicht, ich war nahe dran, sie zu drücken.
Auf dem Weg nach Hause laufen sie uns dann über den Weg: zwei hübsche, volljährige Japanerinnen in ihren schicken Kimonos…









